Folkeboot Lotte

ein halbes Jahrhundert auf der Ostsee

Nachdem mittlerweile auch schon so einige Nachfragen kamen: Hier kommt jetzt der letzte Teil des Törnberichts. Das Erstellen hängt ja nicht nur von einer guten Internetanbindung ab (ein Problem, was vor allem unterwegs auftritt), sondern kostet auch einiges an Zeit. Zum besseren Verständnis skizziere ich mal die wesentlichen Schritte:

  1. Sammeln der Photos – Auf unseren Törns benutzen wir immer mehrere Kameras und auch immer wieder Smartphones. Im ersten Schritt müssen also die Bilder von allen Geräten gesammelt werden und dann mit einem Script so umbenannt, dass sie alle in einer Reihenfolge stehen; hierbei ist es wichtig, dass die Zeiten der unterschiedlichen Kameras auf die Sekunde genau übereinstimmen. Nur so ist gewährleistet, dass z.B. ein Bild von Roberts Kamera, das mich beim Photographieren zeigt, genau vor (oder nach) meinem Bild gezeigt wird. (Dieser Schritt dauert bei einer Woche Törn und 6 Kameras ca. 1/2 Stunde.)
  2. Sortieren der Photos – Nachdem alle Bilder in die richtige Reihenfolge gebracht wurden, müssen sie sortiert werden – bei den vielen Bildern eine zeitraubende Tätigkeit.  Während der Sortierung kopieren wir auch die Bilder, die später in unserem Blog auftauchen sollen. (Dieser Schritt dauert bei so vielen Kameras und einer Woche Törn ca. 1 Stunde.)
  3. Bearbeiten der Photos – Für unseren Blog bearbeiten wir die Bilder selber gar nicht. Per Script müssen aber die ausgewählten Photos verkleinert (wir nutzen eine Auflösung von maximal 1024) und anschließend gemäß ihrer EXIF-Daten gedreht werden. (Dieser Schritt dauert so 10 Minuten, wenn alles eingestellt ist, erledigt das Script die Arbeit von alleine.)
  4. Exportieren der Tracks – Die von uns beim Segeln mitgeplotteten GPS-Tracks müssen tageweise exportiert und dann per Mail auf den Rechner gesendet werden, auf dem wir den Blog schreiben. (Dieser Schritt dauert max. 5 Minuten.)
  5. Vorbereiten des Posts – Wenn alle Daten vorliegen, dann wird der Post selber vorbereitet: Die Bilder werden per WordPress-Frontend und die Track-Daten per FTP hochgeladen. (Dieser Schritt dauert immer unterschiedlich lang – die Dauer ist stark abhängig von der Güte der Internetverbindung und der Menge an Bildern. Ein guter Richtwert sind so 15 Minuten.)
  6. Schreiben des Textes – Wenn alles bereit ist, dann können der Text geschrieben und die passenden Bilder benannt werden. (Für einen Post brauche ich im Schnitt 2 bis 3 Stunden, wenn ich ihn Robbi – der 10-Finger schreibt – diktieren kann, halbiert sich diese Zeit.)

Poel Rund (18/VIII)

Kein Heulen in den Wanten, kein Klappern im Rigg – der Morgen begrüßte uns mit bleiernder Flaute und einem wolkenverhangenen Himmel. Wenn wir zwischen den grauen Massen aber mal eine einzelne Wolke ausmachen konnten, dann merkten wir, wie schnell die sich bewegte… Trotzdem diskutierten wir beim Frühstück die ganze Zeit darüber, ob wir nun lossegeln sollten oder lieber noch einen Tag warten. Da unser Schlag aber auf jeden Fall bis Fehmarn führen müsste und genau für dort Windstärke 7 und 2m See angesagt waren, entschieden wir uns für das Bleiben. (Als wir dann im Laufe des Tages immer mehr Photos von hohen Brechern gegen Hafenmauern auf unserer Route per WhatsApp oder Facebook bekamen, merkten wir, dass unsere Entscheidung ganz richtig war.)

Nach einem längeren Schnack am Vorabend hatten die Leute aus dem Segelclub versprochen, uns zwei Fahrräder zu besorgen – die Insel Poel lässt sich mit dem Rad nahezu komplett umrunden, immer dicht am Wasser. Und so machten wir uns gegen Mittag zu einer Inseltour auf. Von Kirchdorf ging es erstmal Richtung Fährdorf, wo eine Brücke Poel mit dem Festland verbindet.Von dort aus radelten wir über Malchow nach Gollwitz und dann immer direkt an der Küste lang. Am Schwarzen Busch machten wir eine kurze Pause; von dort hatten wir einen schönen Blick auf die freie Ostsee und konnten draußen schon einige Wellen ausmachen.An der Nordwestseite, kurz vor dem Hafen von Timmendorf, führte der Weg teilweise direkt über den Strand – hier war an eine Weiterfahrt nicht zu denken, und so mussten wir die Räder schieben. Die Steilküste südlich des Hafens ist zwar nicht sehr groß, aber interessant anzusehen: überall sind große Höhlen aus dem Sand gewaschen. Um das Naturschutzgebiet Fauler-See machten wir einen großen Bogen, denn schon eine kleine Pause an seinem Rand führte zu einem Mückenangriff sondergleichen – also schnell auf das Rad und weiter.Ab Weitendorf Hof folgten wir dann dem Heidensee in Richtung Kirchdorf – immer auf die einzige Kirche der Insel zu. Im Zuge der Aufsiedlung von Poel zum Anfang des 13. Jahrhunderts begann man mit ihrem Bau. In einem Verzeichnis der Kirchen und Klöster des Bistums Lübeck vom Jahre 1259 wird sie erstmals genannt. Von dem spätromanischen Bau aus dem 13. Jahrhundert ist jedoch nur der Turm erhalten geblieben, weil man um 1400 einen größeren und moderneren Bau errichtete. An den Turm wurde das erste Langhaus um 1230/40 im romanischen Stil gebaut. Etwa fünfzig Jahre später wurde der Chor der Kirche im gotischen Stil gebaut. In folge dessen wurde das Langhaus um den Anfang des 14. Jahrhunderts erhöht und dem Chor der Kirche angepasst. Der obere Teil des quadratischen Westturms wurde bei dieser Umgestaltung sechs Meter erhöht, erhielt vier Schildgiebel und den bis zur Höhe von 47 Metern aufragenden achtseitigen, für diese Gegend typischen Helm, auch Bischofsmütze genannt.

Die Reformation wurde auf Poel nach 1533 eingeführt. Doch verfuhr man hier, wie in weiten Teilen Norddeutschlands, nach Wittenberger Vorbild konservativ, sodass es zu keinem Bildersturm kam. Es ist wahrscheinlich dem Einfluss des Wismarer Superintendenten und Gnesiolutheraners, Johann Wigand, zu verdanken, dass auffallend viele hochwertige Altäre in Wismar und Umgebung nicht aus den Kirchen entfernt, sondern weiterhin benutzt wurden. Neben zwei Marienaltären ist auch ein gotisches Triumphkreuz aus dem 15. Jahrhundert in der Poeler Kirche erhalten geblieben.

In einem verheerenden Januarsturm 1995 wurde das Dach des Turmes schwer beschädigt, und der desolate Zustand des ganzen Turmes wurde sichtbar. Dieser wurde 1995 weitgehend saniert, neu gedeckt und abschließend mit einem neuen vergoldeten Wetterhahn versehen. Seit 2001 wurde das Kirchengebäude abschnittsweise wieder instand gesetzt. Dachstuhl, Dach, Fenster, Außenwände und Gewölbe sind bereits saniert.Kaum hatten wir die Kirche verlassen und die wenigen Meter zu LOTTE geradelt, da grüßte uns Robbi vom Parkplatz her. Aki konnte das erst gar nicht glauben, aber da er ja schon von dem Überraschungsbesuch in Rerik gehört hatte, plante er gleich einen Abend zu dritt. Robbi hatte unseren Grill im Auto und so ging es nach einem Tee erstmal zum Einkaufen. Kirchdorf hat einen sehr guten Sky und so stand einem schönen Grillabend nichts mehr im Wege.Nach den Vorbereitungen ging es aber kurz nochmal von Bord, denn im Hafen – organisiert vom Kiosk – fand ein kleines Open-Air-Konzert einer lokalen Band statt; ich war froh, als wir endlich an Bord den Grill anschmeißen konnten…Aus einem gemütlichen Ausklang des Abends im Cockpit wurde dann aber nichts, den Angriff der Schwäne auf unseren Adenauer konnten wir zwar noch abwehren, aber mit der Dunkelheit kamen die Mücken.Egal wo man war oder was man sich anzog, die Mücken fanden immer einen Weg zu stechen. So verzogen wir uns erst unter die Dusche und dann ins Bett, den Vorhang vor dem Niedergang noch einmal extra abgedichtet.

Seefest? (19/VIII)

Am Morgen wurden wir vom Geräusch einiger Bootsdiesel geweckt, der Nachbar und seine Freunde liefen als Flottille aus. Es war windstill und trotz der schönen Morgensonne noch klitschnass auf dem Boot – der starke Tau als Vorbote der Nachsaison. Zusammen mit Robbi holte Aki Brötchen, wie schon am Tag zuvor gab es die leckeren von Bäcker Groth.

So schön Poel aber auch ist, nach dem Frühstück war Aufbruch angesagt: Robbi musste nach Hamburg zur Arbeit, und wir wollten endlich den ersten großen Schlag in Richtung Heimat antreten. Als wir das Boot fertig hatten, herrschte immer noch totale Flaute. Obwohl ein Ost bis Nordost mit 3 (zunehmend 4) Bft. vorausgesagt war, verließen wir Kirchdorf unter Motor und machten uns auf den Weg. Wie uns ging es auch vielen anderen, denn die Wismarbucht war voll von Booten, alle unter Motor mit einem Westkurs. Nachdem wir die Fahrwasser verlassen und endlich einen direkten Kurs auf den Fehmarnsund hatten, kam ein wenig Wind auf. Leider war er viel zu schwach und auch noch aus Nordwest, so dass wir nach einem kurzen Versuch des Kreuzens mit unter 1kn aufgaben und weiter unter Motor liefen.Am frühen Nachmittag, wir hatten bereits 2/3 unserer Tagesstrecke unter Maschine zurückgelegt, kam der Wind. Wie mit einem Schalter eingeschaltet brieste der Nordost auf 5 bis 6 Bft. auf, und wir konnten gerade noch in Ruhe unseren Motor aus dem Wasser holen. Dann wurden die Wellen hoch und in so manchem Wellental sahen wir links und rechts nur noch Wasserberge. Bei dem tollen Halbwindkurs machte LOTTE knapp 7kn und trotz der Nässe machte das Segeln super viel Spaß. Naja, zumindest sah ich das so, denn Aki bekam plötzlich ziemliche Probleme mit seinem Mageninhalt und so hatte ich genug zu tun: steuern, navigieren und aufpassen, dass Aki sich nicht zu weit über die Bordwand hängt… Als wir nach knapp 1,5h den Fehmarnsund erreicht und den Kurs geändert hatten, fühlte Aki sich schon wieder etwas besser. Das war auch gut so, denn obwohl wir vor den Wellen jetzt den Landschutz hatten, blieb der steife Nordost jetzt bei stehenden 6 Bft. – für das Bergen der Segel und vor allem das Anlegen war eine weitere Hand also sehr hilfreich.

Unter der Brücke hindurch rauschten wir nach Westen und wenn es Aki besser gegangen wäre, hätte ich den Törn noch nicht beendet; trotz eines ganzen Tags auf See wären wir mit einem Nachttörn gut bis Kiel gekommen, ein gutes Stück weiter in Richtung Heimat. So aber setzten wir Kurs Orth und machten in der wellenfreien großen Bucht davor über 7kn. Kurz vor dem Hafen, wir hatten die Segel bereits geborgen, stellten wir fest, dass die exponierten Gastplätze alle so liegen, dass man das Heck im Wind hat – nicht ganz unsere Vorstellung eines geschützten Platzes. Wir änderten also abermals unseren Plan und unseren Kurs, das neue Ziel war Lemkenhafen. Nach einer interessanten Anfahrt durch eine sehr enge, aber perfekt betonnte, Rinne begrüßte uns der gemütliche kleine Hafen mit einer geschützten Box und einer kostenlosen heißen Dusche.

Gesamtstrecke: 39.04 NM
Durchschnittsgeschwindigkeit: 4.96 knots
Gesamtzeit: 09:14:08
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Nebel  – Dänemark will uns nicht (20/VIII)

Nach den Ereignissen am Tag vorher schlief Aki etwas länger, aber das war auch nicht schlimm: der ganze Hafen lag im Morgennebel und nur die starke Sonne ließ uns auf einen schönen Tag hoffen. Beim Hafenmeister bekamen wir Brötchen, obwohl wir nichts vorbestellt hatten und die Info, dass der Nebel so in einer Stunde weg sei. Wir nutzen die Zeit für eine Dusche und ein gutes Frühstück, bevor wir uns etwas Gedanken wegen unserer Spritmenge machten. Am Vortag hatten wir recht viel Benzin verfahren und auch an diesem Morgen sah es nicht gerade nach Wind aus. Eine Umfrage bei den Nachbarn ergab, dass es im Hafen kein Benzin gibt und die nächste Tankstelle gute 4km entfernt liegt. Was sollten wir tun? Während wir noch am diskutieren waren, kam einer der Nachbarn und bot an, dass er einen von uns mit dem Auto zur Tankstelle fährt – was für ein super nettes Angebot, was wir dankend annahmen! Nachdem wir LOTTE dann soweit fertig hatten, machte ich noch einen kleinen Abstecher zu Little Summer und schickte Fabian gleich mal ein Bild von seinem Boot.Als der Frühnebel sich dann einigermaßen aufgelöst hatte und nur noch ein leichter herbstlicher Dunst über dem Wasser lag, verließen wir den hübschen Hafen und trafen mal wieder auf eine bleiernde Flaute. So bereiteten wir zwar die Segel vor, liefen aber erstmal unter Motor um die Südwestspitze von Fehmarn. Da wir leider nicht entlang der deutschen Küste segeln konnten – die Warngebiete vor Todendorf waren die ganze Woche tagsüber als Sperrgebiete ausgewiesen – setzten wir Kurs Bagenkop an der Südspitze von Langeland.Dieses Ziel schienen fast alle zu haben, denn auf unserem Kurs fuhren die Yachten dicht gedrängt. Als wir gerade darüber sprachen, wann denn nun der angekündigte Ost kommen würde, bemerkten wir am Horizont eine Front. Relativ klar nach oben hin vom Himmel abgegrenzt und von der Breite in unserem kompletten Sichtfeld, konnte es sich eigentlich nicht um eine Gewitterfront oder ähnliches handeln und so warteten wir ab und folgtem unserem Kurs. Plötzlich waren die Windräder auf Fehmarn verschwunden und nur die Spitzen der Rotorblätter blitzten im Sonnenschein, wenn sie sich gerade an ihrer höchsten Position befanden – Nebel zog auf. Von einem zum anderen Moment waren alles Land und alle anderen Boote weg und LOTTE lag allein im dichten Nebel. Der ganz leicht aufkommende Wind trieb die Nebelschwaden vor sich her und so hatte nach wenigen Minuten alles an Bord zwei Seiten: eine trockene und eine, dem Nebel zugewandte, nasse.Ohne Radar, AIS oder sonstige Hilfsmittel ist man ganz auf sich gestellt; wir setzten die Fock und stoppten den Motor. Unter Segeln machten wir zwar nur 0,7kn, aber wir konnten besser hören, was um uns herum geschah. Keine 2nm vor uns, direkt auf unserem Kurs, lag das Fahrwasser des Kiel-Ostsee Weges; dieses bei Nebel zu überqueren, gleicht dem Kreuzen einer vielbefahrenen Autobahn mit geschlossenen Augen. Daher änderten wir den Kurs auf die nördlichste Sperrtonne des eben passierten Warngebiets. Hier würden wir maximal auf ein Sicherungsfahrzeug oder eine andere Yacht treffen, nicht aber auf einen der großen Pötte.Der Nebel blieb eine knappe Stunde und immer wieder passierten uns Segelboote, die wir erst im letzten Moment erkennen konnten – es war eine gute Entscheidung mit der Überquerung des Fahrwassers zu warten. Dann, genau so plötzlich wie er begonnen hatte, endete der Nebel. Die ersten Segler kamen in Sicht (und blieben da) und dann sahen wir in ca. 2nm Entfernung auch die ersten Tanker und Frachter. Mit dem zeitgleich aufkommenden Wind setzten wir das Groß und nahmen wieder Kurs in Richtung Bagenkop – einmal quer über die “Autobahn”.Der letzte Teil unseres Weges war perfekt, auch wenn wir nun doch noch in dänischen Gewässern gelandet waren und der Sommertörn damit nicht rein deutsch blieb, machten wir perfekte Fahrt und genossen den herrlichen Sommerabend.Bagenkop war wie erwartet komplett überfüllt, aber mit einem Folkeboot findet man eben immer noch einen Platz: Wir fanden eine sehr schmale Box (an der laut Aussage des Nachbarn schon einige im Laufe des Nachmittags kapituliert hatten) und lagen dort sicher und vor allem landnah. Nach dem Anleger gab es dann auch den ersten Hotdog dieser Segelsaison, nicht nur ein Muss für jeden Dänemarkreisenden, sondern auch wichtig für die Erholung nach dem Schock mit den Hafengebühren – 20 Euro für unser kleines Boot, das ist doppelt so viel, wie in fast jedem anderen Hafen dieser Reise.Nach dem Essen, Aki war mal wieder am Telefonieren, machte ich dann noch eine kleine Tour durch den Hafen; gerade richtig, um den Sonnenuntergang einzufangen.In diesem Moment merkten wir wieder, wie spät es in der Saison eigentlich schon war, nach einem langen Schlag mit anschließendem Kochen und Essen war kaum noch Zeit für eine Erkundung der Umgebung im Hellen.

Gesamtstrecke: 28.73 NM
Durchschnittsgeschwindigkeit: 4.48 knots
Gesamtzeit: 06:53:29
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Der Kreis schließt sich (21/VIII)

Von Bagenkop wollten wir mit einem leichten Nordost nach Schleimünde, dem dichtesten Hafen auf unserem Heimweg, segeln. Leider spielte auch an diesem Tag der Wind nicht so wirklich mit. Zwar konnten wir wunderbar unter Segeln ablegen und auch einige Meilen hinter uns bringen, aber dann schlief der Wind mehr und mehr ein und wir machten nur noch 1kn – viel zu wenig bei über 17nm zu unserem Ziel. Also fuhren wir wieder ein ziemliches Stück unter Motor und waren jetzt froh, dass wir in Lemkenhafen die Gelegenheit zum Tanken bekommen hatten. Kurz vor Schleimünde kam dann aber doch wieder etwas Wind auf und so konnten wir noch eine gute Stunde herrlich segeln. Der Hafen war, wie immer am Freitagabend, knacke voll, aber wir fanden noch einen guten Platz ganz hinten am Ende des Hafens. Als wir gerade fest waren, kam ein weiteres Folkeboot herein und da rückten wir gerne noch ein Stück weiter – vor allem als wir erkannten, dass es sich dabei um die Familie handelte, die vor genau einem Jahr an genau dieser Stelle für uns Platz gemacht hatte…Das Abendessen gab es (für diese Woche ausnahmsweise) mal nicht an Bord, sondern wir wollten die neue Giftbude testen. Mit Robbi hatte ich festgestellt, dass Name und Gebäude wohl das einzige sind, was noch an früher erinnert – der Charme des alten Gastraums mit den hunderten von Vereinsflaggen und das deftige Essen sind Geschichte. So saßen wir nach einigen Unklarheiten bezüglich der Selbstbedienung in der Abendsonne draußen und genossen Angler Sattelschwein und Frikadellen vom Galloway, während die Nis Randers gerade zu einer abendlichen Revierfahrt auslief. Über die neue Giftbude läßt sich folgendes sagen: Das Essen ist sehr gut, aber von einer ganz anderen Art als früher – ausgesucht, aber nicht unbedingt zu dem Ort passend. (Hier passte irgendwie der Hering mit Bratkartoffeln.) Das Ambiente draußen ist sehr viel ansprechender, drinnen herrscht ungemütliche und vor allem unpersönliche Tristesse.

Während wir uns noch mit unseren Tischnachbarn angeregt unterhielten, kam von der Ostsee ein seltsamer Schleppverband unter Applaus der abendlichen Spaziergänger in die Schlei: Mit einem rauschenden Vormwind-Kurs kam ein Segler mit zwei Spinnakern am Hafen vorbei. Nicht, dass dieses Manöver an sich schon recht selten zu sehen ist, er schleppte bei über 8kn auch noch eine X-79. Mit einem letzten Blick auf die Website von Schleimünde – und damit dort auch auf LOTTE – gingen wir recht früh zu Bett.

Gesamtstrecke: 23.57 NM
Durchschnittsgeschwindigkeit: 3.86 knots
Gesamtzeit: 06:37:01
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Ein perfekter Ausklang (22/VIII)

Südost 4 Bft., Sommer und Sonne – was für perfekte Bedingungen für den letzten Schlag des Törns! Wir waren früh wach und hatten auch schon gefrühstückt, nur wollten die äußeren Päckchenlieger nicht so ganz performen… Nach einem normenverdeutlichenden Gespräch schaffte unser Nachbar aber für uns eine freie Passage und so setzten wir Segel.Mit konstant über 6kn ging es an der Küste entlang und schon bald hatten wir den Leuchtturm von Falshöft querab, dann noch über den Kalkgrund (das kürzt 4nm ab) und schon waren wir auf direktem Kurs nach Wackerballig. Dort stand Robbi mit der Kamera im Anschlag, wir wollten ein paar Bilder machen.Der Wind kam mit 4 bis 5 Bft. genau aus Robbis Richtung, dank Hafenmauer und Landabdeckung stand keine Welle und so hatten wir perfekte Bedingungen. Wir drehten ein paar Mal bei, fuhren Wenden, Halsen und bargen direkt vor der Kamera die Segel – es gibt einfach immer zu wenige Bilder vom eigenen Boot unter Segeln. (Ein Zoom in der Karte mit dem Track zeigt lustige Kreise vor dem Hafen.) Kurz nachdem wir angelegt hatten, durch einen langen Stau auf der A7 leider etwas zu spät für unsere Manöver, kam meine Mutter zu Besuch – gemeinsam gab es dann erstmal Kaffee und Kuchen auf Seewiefke, die Robbi kurzerhand in ein Hotelschiff verwandelt hatte.Kaffee auf SeewiefkeNach einem gemeinsamen Bad in der Ostsee und dem Aufklaren von LOTTE gab es dann das traditionelle Abschlussgrillen. Seit Jahren findet dieses nach jedem Sommertörn statt, normalerweise aber mit und bei Volker… aber in diesem Jahr war meine Mutter zu Besuch und der neue Grillplatz im Hafen ist auch sehr schön. Nachdem die Sonne weg war, wurde es nicht nur schnell dunkel, sondern auch recht schnell kalt. Wir räumten unseren Platz am Grill, machten den Abwasch und gingen dann noch gemeinsam ins Wackerpulco – es wurde ein feucht fröhlicher Abend in großer Runde.

Gesamtstrecke: 16.05 NM
Durchschnittsgeschwindigkeit: 5.33 knots
Gesamtzeit: 03:20:54
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Abreise (23/VIII)

Für Sonntag war nur noch Abreise geplant, wir hatten die Boote soweit fertig (und auch sauber), dass es sich anbot gemeinsam auswärts zu frühstücken. Vorher war aber noch das Bad in der Ostsee und die morgendliche Dusche angesagt – für Robbi musste die natürlich auf dem Steg stattfinden.Danach ging es wieder ins Wackerpulco, wo wir einen Tisch bestellt hatten. In der schönsten Morgensonne saßen wir draußen und genossen das gute Frühstück – seit der Übernahme des Bistros durch Werner und seine Mannschaft hat die Qualität wieder deutlich gewonnen!Zurück ging es dann in Zweier-Crews mit zwei Wagen, staufrei bis nach Harburg. Während ich bei meiner Großmutter im Krankenhaus einen Besuch abstattete, waren Robbi und Aki schon fleißig: Die Autos wurden entladen, Taschen entpackt, Waschmaschinen gestartet und das Ölzeug entsalzt – eine weitere Tradition nach LOTTEs Sommertörns.

 

Ein kleines Fazit

2001 wollte ich das erste Mal einen Törn in Deutschland machen, seeseitig die Küste östlich von Kiel erkunden. Irgendwie hat das aber noch nie geklappt, entweder war die Zeit zu kurz, der Wind zu schlecht oder der Ruf des Nordens einfach lauter.

In diesem Jahr hab ich es aber geschafft und es hat sich wirklich gelohnt! Mit Ausnahme unseres kurzen Abstechers nach Bagenkop musste im gesamten Urlaub keine Gastlandflagge gesetzt werden und ich habe eine Menge neuer Häfen kennen gelernt und neue Eindrücke bekommen. Vor allem die unglaublich schöne Landschaft auf Fehmarn, aber auch in der Wismarbucht, haben uns sehr gefallen.

Die Häfen sind in einem sehr guten Zustand und sehr viel günstiger als in Dänemark – im Schnitt haben wir für ein Boot unter 8m (ja, es gibt diese Einordnung dort wirklich noch!) 10 Euro bezahlt, selbstverständlich immer mit Strom und fast auch immer inklusive der Dusche. In jedem Hafen trafen wir einen Hafenmeister aus Fleisch und Blut, der uns, im Gegensatz zu den schrecklichen dänischen Automaten, immer wertvolle Tipps gab. So erfuhren wir, welches der beste Bäcker sei, bekamen kostenlose Fahrräder oder auch mal einen dezenten Hinweis darauf, welches Lokal nicht ganz so zu empfehlen sei… Das Thema Restaurant ist auch ganz anders als in Dänemark: In fast jedem Hafen gibt es Gastronomie, die nicht nur günstiger als in Dänemark ist, sondern vor allem auch qualitativ besser als alles das, was für uns bei unseren nördlichen Nachbarn noch finanzierbar ist.

Auch wenn wir es wegen der Kürze der Zeit und dem Wind nicht bis Rostock, Rügen oder gar Greifswald geschafft haben, so sagen wir alle: Wir kommen gerne wieder!

Kategorien: Törns

Ein Kommentar bisher.

  1. Hans-Georg sagt:

    Ach Jungs, mein Herz wurde mal wieder groß beim Lesen. In Orth waren wir ein paar Mal so ca. 1963/1967. Auf unserer ersten Anreise war der Kleiderbügel noch im Bau und war noch nicht geschlossen, ganz zu schweigen davon, dass noch keine Brücke dran hing. Lemkenhafen war ein reines Fischerkaff und für “Lustreisen” noch nicht erschlossen. Wir sind mal über den Deich von Orth hingewandert. Die Eingeborenen sagten immer: In Lemkenhafen wohnen die Spitzbuben. Da muss in grauer Vorzeit mal irgendwas vorgefallen sein.
    Frischwasser in Orth musste von einer Handpumpe auf dem großen Platz hinter dem Bahnhof geholt werden.
    Bei Jarks in der Kneipe stand eine Jukebox. Wir Jugendlichen beömmelten uns über “Ihr schneeweißer Busen war halb nur bedeckt”. Natürlich wurde dieser Titel mehrmals am Abend gespielt.
    Ich mache hier gerade eine Zeitreise in die Vergangenheit – es ist unglaublich. Danke dafür!


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