Folkeboot Lotte

ein halbes Jahrhundert auf der Ostsee

Schwierige Dinge verdrängt man gern und der letzte Törn mit LOTTE war definitiv schwierig für mich. Das er aber nicht nur mich, sondern auch meinen besten Freund Dominik, emotional so berührt, hat mich dann doch gerührt. Mit Nik habe ich viele Meilen auf LOTTE gesegelt, die Krönung war aber sicherlich unsere 2-monatige Reise nach Schweden und durch den Götakanal 2003. Seit der Geburt seiner Kinder, waren wir nicht mehr zusammen unterwegs, aber als er von dem Verkauf hörte, wollte er unbedingt noch einmal mit.

Ein Termin war schnell gefunden, jetzt musste nur noch das Wetter passen – im September wird es abends schonmal gerne feucht und kalt. Bei bestem Wetter starteten wir nach Wackerballig und es war sofort so, als ob wir erst am vergangenen Wochenende zusammen unterwegs gewesen wären. Bei absoluter Windstille saßen wir lange auf dem Ponton des Wackerpulco, genossen die Abendstimmung und das gute Essen vom Grill.

Die Nacht war ruhig und während Robbi schon lange in Morpheus Armen lag, haben Nik und ich ewig gequatscht. Am Samstag kam mit der Sonne auch der Wind. Nach dem Frühstück im Cockpit setzten wir noch im Hafen die Segel, dann ging es raus auf die Bucht und Richtung Westen.

Nik wäre gerne nach Mjelsvig gesegelt, aber für Sonntag war eine Brückensperrung in Sønderborg angekündigt und ganz um Als wollten wir dann doch nicht. So ging es nicht in seinen Lieblingshafen, sondern zu einem anderen besonderen Treffen: LOTTE sollte einmal INGEBORG besuchen.

Der Weg in die Förde war super, der Wind wurde kräftiger, die Sonne schien und LOTTE machte gut Fahrt – dann kam der Regen. Kurz vor Marina Minde zog es sich zu und dann öffnete der Himmel seine Pforten. Robbi blieb unter Deck, Nik und ich drehten Kreise bis zur folgenden Brückenöffnung in Egernsund.

Wie mochte sich unsere alte Dame wohl gefühlt haben, als sie kurz nach der Passage der Brücke an ihrer Nachfolgerin festgebunden wurde? Niks Blicke verrieten auf jeden Fall, dass er sich noch ganz unsicher war – ein Folkeboot gegen einen Lachskutter tauschen? LOTTE wirklich verkaufen?

Viel Zeit zum Grübeln blieb aber nicht, denn schon nach kurzer Zeit kamen mein Vater und Karin zu Besuch, auch sie wollten sich von LOTTE verabschieden und INGEBORG in Augenschein nehmen. Gemeinsam saßen wir in dem (gefühlt riesigen) Salon und genossen dänischen Kuchen.

Als die beiden gerade wieder auf dem Heimweg waren, kam mit dem Sonnenuntergang der Regen zurück. Dicke Tropfen klopften auch Kajütdächer und an einen schönen Abend im Cockpit dachte niemand mehr. So brachten wir alle Zutaten für unser Abendessen auf INGEBORG und weihten “unsere Dicke” jetzt richtig ein. Gemeinsam erkundeten wir nochmal alle Winkel des Bootes und jetzt konnte Nik sich alles schon besser vorstellen – darüber war ich mehr als glücklich.

Die Nacht verbrachten wir natürlich auf LOTTE, das stand für uns alle außer Frage.

Meine Mutter war doch etwas unglücklich, dass sie nicht mit in der Runde gesessen hatte und so lud sie sich/wir sie zum Frühstück am Sonntag ein. Ich weiß nicht wann sie in Hamburg gestartet war, aber wir lagen um kurz nach 8Uhr noch friedlich am Schlummern, da stand sie schon auf dem Steg.

Gemeinsam bereiteten wir das Frühstück im Cockpit von INGEBORG, über dem zu der Zeit noch eine feste Hütte stand, vor; danach folgte natürlich eine Bootsführung. Bei bestem Wetter ging es in jede Ecke, dann aber hieß es Abschied nehmen – wir hatten ja noch ein paar Meilen vor uns und die Brücke öffnet nur einmal die Stunde.

INGEBORG war schnell aufgeklart und LOTTE segelfertig, dann passierte Nik der fatale Fehlgriff: Beim Anschlagen vom Großfall verlor er den Grip und schon rauschte es aus. Er wollte sofort versuchen in den Mast zu klettern, aber erstens ist das viel zu hoch und zweitens mussten wir durch die Brücke – also los!

Meine Mutter war bereits zur Brücke vorgefahren und hatte von der ganzen Aufregung nichts mitbekommen, umso erstaunter war sie daher uns hinter der Brücke wieder anlegen zu sehen.

Mit dem Vorschiff unter der Brücke war die Mastspitze ganz knapp vom Geländer aus erreichbar und so rettete Nik unser Fall und dann ging es endlich los; mit vollen Segeln und einem kräftigen Wind machte LOTTE genau die Rauschefahrt, die Nik so gern hat.

In Wackerballig wurden wir bereits von Anke&Christian, Ike&Karin und meiner Mutter erwartet – das Ende eines tollen Wochenendes und eines wirklich würdigen letzten Törns verbrachten wir dann bei Kaffee und Kuchen auf Lycka.

Unsere alte Dame wurde ein letztes Mal von uns aufgeklart, beim nächsten Besuch wurde dann aufgeräumt und aufgehübscht, dann ging es für sie in den tiefen Süden.

Kategorien: Törns

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