Nachdem uns so viele schon auf unseren letzten Sommertörns virtuell begleitet haben, wollen wir auch dieses Jahr versuchen – wenn immer ein WLAN verfügbar ist – ein paar Zeilen zu schreiben.
Eine schöne Anfahrt (27/VII)
Endlich ist es soweit, die Zeit für den Sommertörn 2012 und damit den längsten Törn dieses Jahres ist da. Wie jedes Jahr stellte sich die Frage nach dem Wohin – die Antwort fiel uns dieses mal recht leicht: Auf der Seekarte in unserer Küche ist ein großer Teil von Dänemark zu sehen in dem wir noch nie waren, bzw. der immer nur auf den Transit-Routen angelaufen wurde. Das Ziel für diesen Törn sollte also die Gegend um Lolland, Falster und Süd-Sjælland werden.
Gut bepackt, mit Klamotten, Karten, Optik, Elektronik und viel Abenteuerlust fuhren wir am Freitag Abend nach Wackerballig, die vergangene wunderschöne Woche ließ uns auf einen guten Start hoffen.
Regen ohne Ende (28/VII)
Die erste Nacht an Board war ruhig und erholsam, geweckt wurden wir von einer herrlichen Morgensonne. Leider hielt sich dieses Wetter nicht und bereits nachdem wir aus der Dusche kamen regnete es wie aus Eimern. Wir machten die Not zur Tugend, kauften Vorräte und räumten in dem Boot um und auf, bis wir am Nachmittag endlich Gelegenheit bekamen, die Sachen aus dem Auto ins Boot zu schaffen und LOTTE startbereit zu machen. Gegen Abend kam dann tatsächlich nochmal die Sonne hervor, aber wir wiederstanden dem Drang jetzt noch auszulaufen und gönnten uns stattdessen einen schönen Sundowner im Bistro – am kommenden Morgen sollte es dann früh los gehen.
Krankentransport und Giftbude (29/VII)
Flaute! Unser Wecker ging um halb 7, wir waren um halb 9 mit allem fertig, aber der Wind war weg… Während eines netten Gesprächs mit dem Hafenmeister kam einer unser Bootsnachbarn ins Büro und hielt sich ein Auge zu – er hatte einen Gummistrobb aufs Auge bekommen. Er fragte nach der Nummer vom Arzt und wollte dann nach Kappeln ins Krankenhaus fahren, was wir aber zu verhindern wussten. Da er mit nur einem Auge nicht fahren konnte, haben wir eine wilde Ärzte-Odyssee erlebt: Eine halbe Stunde nach der Aufnahme in Kappeln stellte die Schwester fest, dass sie für einen augenärztlichen Notfall keinen Arzt haben. Wir sollten doch bitte in die Uni-Klink nach Kiel oder zum diensthabenden Augen-Notfall-Arzt, der hätte am Sonntag von 10 bis 12 Sprechstunde. Wir hatten “Glück”, an diesem Tag hatte ein Arzt in Flensburg Dienst (es hätte aber auch in Kiel, Rendsburg oder Niebüll sein können). Zusammen ging es also von Kappeln nach Flensburg und dann mit verbundenem Auge nach Wackerballig. Gleich am Anfang der Geschichte war mir klar geworden, warum mein Onkel bereits vor über 20 Jahren alle Gummistrobbs von Lotte verbannt hatte…
Mittlerweile war aber ein leichter Ost aufgekommen und so setzten wir um 15 Uhr Segel und kamen mit über 5 Knoten bei halbem Wind gut in Richtung Leuchtturm Kalkgrund. Da wir bei diesem Wind nicht nach Osten segeln konnten, mussten wir uns zwischen Nord-Ost und Süd-Ost entscheiden und so folgten wir der deutschen Küste in Richtung Schlei. Auf der Höhe von Falshöft ging dann der Wind in Flaute und Regen über, per Motor liefen wir ab nach Schleimünde, wo es dann richtig ungemütlich wurde. Wenn es draußen regnet sitzt man am Besten drinnen, und so war die Giftbude voller Segler und alle genossen gebratene Heringe mit Bratkartoffeln.
Durchschnittsgeschwindigkeit: nan knots
Zwischen Orkanböen und Sonnenstunden – die Fahrt gen Osten (30/VII)
Wind aus Süden, Sonne und Schäfchen-Wolken lockten uns an diesem Sonntag früh aus der Koje und so verließen wir die Schlei bereits um 9:30 Uhr mit Kurs Ost. Bei 4 bis 5 Bft und halbem Wind machten wir immer um die 6 Knoten und so kamen wir gut voran. Als wir auf der Breite von Langeland waren, entschieden wir nicht nach Bagenkop zu laufen, sondern den Großen Belt zu queren. Erst war unser Ziel Albuen an der Süd-West-Spitze Lollands, dann ging es aber doch noch weiter Kurs Ost.
10 Meilen westlich von Fehmarn hörte der Wind dann urplötzlich auf und eine schwarze Wand schob sich von hinten an uns heran. Wir konnten gerade noch alles sichern, die Schwimmwesten anziehen und uns auf das Kommende vorbereiten – zum Segelbergen war die Zeit zu knapp – und schon war das Gewitter über uns. Donner grollte, Blitze zuckten und schwere Sturmböen rissen an Rigg und unseren Nerven.
Der Regen kam mit einer solchen Wucht, dass wir das Vorschiff kaum erkennen konnten und jetzt erwies es sich als klug, dass wir genau dem Tonnenstrich des Kiel-Ostsee-Weges folgten: Die ganzen großen Schiffe liefen im Abstand von ca. einer halben Meile links und rechts an uns vorbei. Nach 5 Minuten ging der Regen in Hagel über und machte jede Bewegung auf dem Boot zu einer lebensgefährlichen Rutschpartie.
Nach einer viertel Stunde war der ganze Spuck vorbei und nur noch das ungeschmolzene Eis des Hagels und unsere flauen Mägen zeugten von dem eben gewesenen Unwetter.
Den ganzen Nachmittag über sahen wir Gewitter auf beiden Seiten des Fehmarn Sunds, aber außer einer Mischung aus Starkwind und Flautenphasen bekamen wir nichts mehr ab. Leider haben uns die Schwachwindphasen einiges an Zeit gekostet und so waren wir erst grade östlich Fehmarn als die Sonne hinter einer dicken Wolkenwand untergring.
Zu dieser Zeit passierten wir gerade den Windpark von Rødsand und waren von den über 100 Windanlagen schwer beeindruckt. So einen großen Windpark hatten wir noch nie gesehen. Da die Ansteuerung von Nysted absolut unbeleuchtet war mussten wir weiter gen Osten und hatten als Ziel jetzt den Hafen von Gedser. Der Wind hatte mittlerweile auf 6 Windstärken zugenommen und auf Süd-West gedreht und so stand ein ziemlicher Schwell vor der Südspitze von Falster. Wir hatten keine Chance die Segel zu bergen sondern mussten unter Vollzeug bis ca. 100 Meter vor dem Fährhafen bis wir genügend Platz in der engen Rinne hatten, um die Segel herunter zu nehmen. Mit Scheinwerfer und unter Motor ging es dann auf die Suche nach den Tonnen in der unbeleuchteten Rinne zum Sportboothafen – 1,5 Meilen purer Spaß bei absoluter Dunkelheit und Starkwind.
Durchschnittsgeschwindigkeit: nan knots
Um 0:15 Uhr lagen wir endlich fest im Hafen und waren nach 14 Stunden fast zu müde zum Schlafen…
In unbekannte Fahrwasser (31/VII)
Ohne Wecker wurden wir erst um 10 Uhr durch das Heulen des Windes wach, aber die Sonne schien und so gab es erstmal ein schönes Brunch im Cockpit. Da die südlichste Stadt Dänemarks nicht gerade bekannt für Ihre Sehenswürdigkeiten ist, setzten wir schon bald Segel und mit achterlichen Winden ging es Kurs Nord in den Guldborg Sund. Nur unter Fock machten wir 5 Knoten und so kamen wir schon bald in die engen Fahrwasser mit seinen vielen Tonnen.
Früher waren in den Seekarten einzelne Windmühlen (auch Windkraftanlagen) als Navigationshilfe eingezeichnet; auf dem Guldborg Sund hätte eine Navigationshilfe besser die Stellen ohne Windmühlen gezeigt. Die ganzen Küsten von Lolland und Falster stehen voll mit diesen Dingern und wo kein Platz an Land war, da hat man sie einfach ins Wasser gestellt. Auch wenn wir während unserer Fahrt ein paar Regenschauer hatten, so ist dieses Gewässer doch auf jeden Fall eine Reise wert. Die schöne Landschaft und die navigatorisch anspruchsvolle Ansteuerung haben für jeden etwas zu bieten.
Unser heutiges Ziel war Nykøbing (auf Falster) und nach einer kurzen Wartezeit vor der ersten Brücke lagen wir dann schön und gemütlich in einem kleinen Vereinshafen direkt an der Stadt.
Durchschnittsgeschwindigkeit: nan knots
Zur Zeit ist findet hier eine Jazz-Woche statt und so machten auch wir uns noch auf in die schöne kleine Stadt, wo auf jedem Platz eine Bühne mit Live-Musik ist. Auch jetzt beim Schreiben dringt die Musik zu uns in den Hafen. Ansonsten ist es ein ruhiger lauer Abend.
Hallo Jungs,
wenn ich höre, was Ihr so auf die Mütze gekriegt habt bin ich fast mit meinem Reataurierungsstau – unser Boot bleit dieses Jahr an Land – versöhnt, aber nur fast. Jedenfalls Danke für die schönen Fotos und Euch noch viel schönes Wetter, so es denn dieses Jahr irgendwo zu finden ist…
Liebe Grüße
Michael