Folkeboot Lotte

ein halbes Jahrhundert auf der Ostsee

Auch in diesem Jahr wollen wir – wann immer möglich – von unserem Sommertörn berichten. Da wir aber bei 3 Wochen Urlaub auch mal etwas längere Schläge machen wollen, werden wir sicher nicht so oft zum Bloggen kommen; vielleicht folgt der Rest erst wenn wir wieder zuhause sind..

Auf zum Boot (20/VII)

Um dem Stau zum Beginn der norddeutschen Schulferien zu entkommen, fuhren wir bereits am Donnerstag, den 20. Juli nach Wackerballig. Es hatte den ganzen Tag ein wenig genieselt und so empfing uns unser Heimathafen mit einer Schwüle, die man eher in den Tropen erwartet hätte. Die Luft stand absolut still und jede Bewegung trieb einem den Schweiß aus allen Poren des Körpers.
Um uns möglichst wenig zu bewegen, und da Robbi ja auch noch immer seine Schiene trug und an Krücken ging, verbrachten wir den Abend im Wackerpulco und verschoben alle Arbeiten an LOTTE auf den folgenden Tag.

Sommer im Heimathafen (21/VII)

Am Freitag Morgen war es sonnig, windstill und heiß. Nach einem kurzen Einkauf für das Frühstück machten wir uns erstmal daran, das Boot zu entleeren. Überzählige Ausrüstung, unsere Hafenpersenning und die dicken Klamotten der Vorsaison wanderten ins Auto. Danach war Platz für allerlei sommerliches und so wurde LOTTE Stück für Stück voller, als sie es vorher war.
Als wir gerade zum Großeinkauf unserer Vorräte starten wollten, bekamen wir eine Nachricht von Patrice und Verena: “Wir sind in Wackerballig!” Das nahmen wir zum Anlass vor unserem Einkauf einen Abstecher zu den Beiden zu machen, die gerade von ihrer ersten Kite-Surf-Stunde zurück kamen. In der Sonne ließ sich herrlich klönen und so kamen wir recht spät zum Einkauf, dafür besorgten wir auch gleich noch Grillgut für einen gemeinsamen Abend.
Als Patrice und Verena, zusammen mit ihrem Kite-Lehrer, noch mit ihren SUPs in den Sonnenuntergang paddeln wollten, ging es für uns auf ein letztes Bier in den Hafen.

Nord oder Ost? – Die Frage von 2016 (22/VII)

Am Samstag, bevor es los gehen sollte, hatten wir uns mit Patrice und Verena zum Frühstück verabredet. Es war recht bedeckt und der frische Ostwind war alles andere als warm – irgendwie schon unser Standard-Wetter zu Törnbeginn.
Nach dem Frühstück ging es dann los: für uns auf See, für die beiden anderen zum Kitem. Wir hatten den Plan mit wenigen aber langen Schlägen gen Osten zu segeln und über Schweden nach spätestens 5 Tagen Kopenhagen zu erreichen. Leider machte der Ostwind uns mal wieder einen Strich durch die Rechnung, und so stellten wir uns die gleiche Frage wie im letzten Jahr: Nord oder Ost? Die Antwort war einfach, wir wollten den kräftigen Wind nutzen um schnell Strecke zu machen, und so ging es nach Norden.
In Sønderborg begrüßte uns wie schon so oft die königliche Yacht, dann aber begann der Regen. Kurz nach den Brücken waren wir bereits recht gut durchnässt und da der Regen nicht stoppen wollte, taten wir dies auch nicht. Nichts ist so eklig wie das Anlegen und Aufklaren im Regen, und da wir ja eh Strecke machen wollten, ging es an Dyvig vorbei auf den kleinen Belt.
Mit guter Fahrt erreichten wir Aarø in dem Moment, als der Wind nachließ und die Sonne hervor kam.

Gesamtstrecke: 34.77 NM
Durchschnittsgeschwindigkeit: 5.14 knots
Gesamtzeit: 07:19:17
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Die Insel Aarø ist jedem zu empfehlen, der die ländliche Idylle sucht. Das Eiland eignet sich hervorragend für Spaziergänge. Am Hafen liegt ein kleiner Kinderspielplatz und die wenigen Straßen der sechs Quadratkilometer kleinen Insel sind so schwach befahren, dass der Ort als besonders kinderfreundlich bezeichnet werden kann. Ein Straßendamm, der über ein Noor führt, verbindet den Hafen mit dem Dorf. Dort besteht die Möglichkeit, in einem Tante-Emma‑Laden Lebensmittel einzukaufen.

Die dünn besiedelte Insel ist kein geeigneter Ort für Nachtschwärmer oder Kulturhungrige. Schilffelder, Moore und seltene Strandpflanzen an oft steinigen Stränden bestimmen den Charakter der Landschaft ebenso wie die Landwirtschaft. Der fehlende Wald verleiht der ohnehin platten Insel, deren höchster Punkt sechs Meter über dem Meeresspiegel liegt, einen noch flacheren Anschein. Auf einem Stein am Ortseingang ist der höchste Wasserstand der Sturmflut von 1872 markiert, die den Baumbestand zerstörte. Dafür vergrößerte sich die Insel durch aufgeschwemmten Sand an der Ostseite um den Archipel Aarø Kalv. Am 13. November 1872 erlebten die Insel- und Küstenbewohner der Ostsee die gewaltigste Sturmflut der Geschichte. Ungewöhnlich lange Westwindperioden trieben das Wasser von der Nordsee ins Kattegat. Dann drehte der Wind plötzlich mit Sturmstärke auf Norden, wuchs auf Orkanstärke an und trieb das Wasser über die flachen Inseln; Aarø wurde fast völlig von den Fluten überschwemmt.

Zwischen Aarø und Aarø Kalv hat sich eine schöne Badebucht gebildet, aber um sie zu erreichen, muss man die Insel überqueren. Dagegen ist der Weg zum südlich des Hafens gelegenen Badestrand nicht weit. Hier bie­ten durch den schmalen Sund fahrende Segler obendrein eine herrliche Kulisse. Die Enge ist Hauptverkehrsweg der Sportschiffer zwischen den Gewässern um Als und dem Kleinen Belt.

Der südlich des Hafens stehende Leuchtturm wurde 1905 in Berlin gebaut, Aarø zählte von 1864 bis 1920 zum Deutschen Reich. Die Nachbarinsel Bågø dagegen, gehörte immer zum dänischen Königreich.

Wenn es läuft, dann läuft es (23/VII)

Am frühen Morgen machte der Sonntag seinem Namen alle Ehre. Hinter der Insel kam die Morgensonne hervor und im Hafen breitete sich eine rege Betriebsamkeit aus – alle wollten anscheinend das gute Wetter nutzen. Nach dem Frühstück, wir hatten LOTTE bereits segelklar, zeigte sich dann aber mal wieder Segen und Fluch der modernen Technik: Ein Blick auf das Regenradar zeigte uns eine gewaltige Gewitterfront und während wir noch am Diskutieren über unser weiteres Vorgehen waren, wurde der Himmel schwarz.
Wir sahen kaum einen Blitz, aber das Wasser kam Eimerweise aus dem Himmel und das Boot zitterte im Grollen des Donners. Da wir glücklicherweise mit dem Bug in den Wind lagen, konnten wir das Schauspiel aus unseren Kojen beobachten, ohne dass der Regen herein schlug. Leider zeigte sich nach einer viertel Stunde, das unser Skylight wohl nicht mehr ganz dicht ist und daher tropfte es ein wenig von oben.
Nach dem Regen, der südwestliche Wind war nicht stark aber konstant, setzten wir die Segel und es ging weiter nach Norden. Als wir das Ende des kleinen Belts erreicht hatten, überlegten wir kurz einen der Häfen bei Middelfart anzulaufen, aber das Segeln war zu schön und daher ging es für uns weiter. Da es schon recht spät war, entschieden wir uns gegen Juelsminde oder Endelave und setzten Kurs Bogense. Auf halben Weg zu unserem Ziel kam dann die Sonne hervor und es wurde ein richtig schöner Abend.

Gesamtstrecke: 32.26 NM
Durchschnittsgeschwindigkeit: 5.04 knots
Gesamtzeit: 06:45:01
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Der idyllische Ort wird oft als Schmuckstück von Fyn bezeichnet. Die Gründung des verträumten Städtchens ist wahrscheinlich auf Seeräuber zurückzuführen, die ihre Beutezüge vom nahegelegenen Harritslevgård aus führten. Zu Wikingerzeiten reichte die Bucht viel weiter ins Land als heute, wodurch eine Grundvoraussetzung für die Entwicklung zur blühenden Seefahrtsstadt gegeben war. Aber lange Zeit fehlte der Stadt ein Hafen und das Ausschiffen war eine mühsame Arbeit, die mit Lastkähnen und Pferdewagen bewältigt wurde. Erst 1844 bekommt Bogense einen in seiner Bauart ungewöhnlichen Hafen: einen 22 Meter breiten und 500 Meter langen Kanal, der bis in die Stadt reicht. Diesen Hafen fertigzustellen dauerte viele Jahrzehnte. Ein erstes Teilstück des Bootskanals war schon 1818 mit Hilfe der Bürger ausgegraben worden.

Der Hafenbau und die Eindämmung brachten die wirtschaftliche Blüte. Die Fährverbindung zwischen Klakring bei Juelsminde und Bogense wurde aufgenommen. Die Fischerei und Handelsstadt erlangte durch ihre zahlreichen Gerbereien Berühmtheit. Außerdem zählte sie nicht weniger als 34 Branntwein‑Brennereien.

Zu den Schattenseiten der Geschichte des Ortes zählt der Ausbruch eines großen Feuers im Jahr 1575. Nur vier Gebäude – darunter die Kirche und das Rathaus – entgingen den Flammen. Die kaum wiederaufgebaute Stadt wurde allerdings 1658 im Schwedenkrieg erneut verwüstet.

Heute zählt Bogense etwa 3000 Einwohner und verfügt über eine moderne, 1976 eingeweihte Marina, die unmittelbar neben dem alten Hafen liegt. Viele guterhaltene alte Häuser erinnern an die Blütezeit Bogenses im späten Mittelalter.

Sehr lohnend ist die Besichtigung der Kirche am Markt, im Inneren des auf dem höchsten Punkts der Stadt errichteten Gebäudes ist unter anderem ein Altarbild mit Schnitzereien aus dem Jahr 1588 zu sehen. Bemerkenswert sind die an der Kirche stehenden alten Grabsteine. 1406 wurde die Bogense Kirke auf den Resten der von Königin Margarete I. errichteten Kirche erbaut. Von der ursprünglichen romanischen Kirche sind nur noch zwei hochsitzende Fenster erhalten. Der Markt bei der Kirche zählt mit seiner ungebrochenen Reihe von Häusern des 19. Jahrhunderts zu den schönsten Dänemarks.

Der Erik Menveds Kro in der Østergade ist das älteste Haus der Stadt, ein Gebäude des 17. Jahrhunderts. Es ist nach König Erik Menved benannt, der Bogense 1288 die Stadtrechte bestätigt hat.

Eine Kopie des berühmten Brüsseler Männeken Pis, die Statue eines kleinen Jungen der pinkelt, steht in der Adelgade.

Gegen den Wind nach Samsø (24/VII)

Am Montag morgen machten wir uns auf den Weg in die schöne Altstadt, zum einen wollten wir ein wenig Sightseeing machen, zum anderen gibt es in der Stadt einen Buchladen und dort wollten wir die aktuelle Ausgabe von Komma´s Havnelods erstehen. Bei herrlichem Wetter schlenderten wir durch das schöne Städtchen, besichtigten die Kirche, erstanden leckeren Kaffee in einem wunderschönen Spezialitätengeschäft, aber mit dem Buch hatten wir kein Glück. Die nette Verkäuferin bot an, es innerhalb von 2 Tagen zu bestellen und gab uns den Tipp es im Hafen beim Yachtausrüster zu probieren.
Wie schon bei meinem Besuch im letzten Jahr mit Nino hatte der besagte Yachtausrüster allerdings bereits geschlossen und das schon die ganze Saison. Unverrichteter Dinge setzten wir also Kurs Nord und da totale Flaute herrschte, musste uns der Motor an Æbelø vorbei helfen.
Als endlich etwas Wind einsetzte, kam dieser genau von vorne und so ging es hart am Wind und gegen eine später recht steile Welle nach Mårup.

Gesamtstrecke: 28.54 NM
Durchschnittsgeschwindigkeit: 4.50 knots
Gesamtzeit: 06:29:32
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Die Geister scheiden sich an der Frage, ob wohl Mårup Havn oder Langør der schönste Hafen auf Samsø ist. Beide Flecken sind in ihrer abgeschiedenen Lage ähnlich strukturiert: eine Handvoll geduckter Häuser, eine Handvoll Einwohner und mindestens drei Handvoll Idylle – sofern diese ungewöhnliche Maßeinheit der besonderen Atmosphäre der kleinen Hafensiedlungen gerecht wird. Wie Langør hat auch Mårup regere Zeiten erlebt. Der kleine Ort an der Mårup Vig war Fährhafen nach Hov (Jylland) und Tunø. Heute legen die Fähren nach Hov im südlichen Sælvig ab, einem Ort auf der gegenüberliegenden Seite der lang gestreckten Bucht.

Ein Pastor hatte voriges Jahrhundert mit dem Bau des kleinen Hafens den Ehrgeiz, dem Süden Samsøs wirtschaftlich Konkurrenz zu machen. Das Scheitern seines Projektes auf lange Sicht darf den Sportschiffer freuen, der lieber ein verschlafenes gemütliches Nest aufsucht. Der gravierende Unterschied, im Vergleich zu dem nur wenige Kilometer entfernten Langør, liegt in der Umgebung. Dem seichten Fjord und der flachen Naturlandschaft auf der Langør‑Seite stehen große landwirtschaftliche Flächen und die Steilküste westlich von Mårup gegenüber. Das Hinterland des Westküstenhafens bilden die faszinierenden Nordby‑Hügel, eine für Fahrradtouren und Wanderungen hervorragend geeignete Landschaft (siehe Plan), während der Badestrand in der südlichen Sælvig Bucht als der beste, sprich kinderfreundlichste auf Samsø gilt. Aber den Weg dorthin kann man sich sparen, weil auch der Strand, der unmittelbar an das westliche Hafenbecken angrenzt, kaum Wünsche offenläßt.

Zu Mårup Havn gehört das Dorf Mårup, zurecht als ein Idyll aus Fachwerk und Strohdächern angesehen. Prachtstück des gut zwei Kilometer vom Hafen entfernten Ortes ist der Beyers Hof, der angeblich noch genauso aussieht wie vor 250 Jahren. Ein Blick durch die Toreinfahrt genügt, um der Behauptung Glauben zu schenken. Der Kræmers Hof ist die zweite Perle alter Fachwerkarchitektur. Beide Bauernhöfe liegen an der Hauptstraße in Mårup, das wegen seiner reetgedeckten Häuser mit dem schwarzgeteerten Fachwerk den Ausflug genauso lohnt wie das größte Dorf auf dem beschaulichen Nordteil der Insel Samsø. Es heißt treffend Nordby und liegt zwischen Hügeln gut geschützt rund fünf Kilometer nördlich von Mårup Havn. Seit dem 17. Jahrhundert hat sich die Größe des Norddorfes, das 50 Höfe und 70 Häuser zählte, kaum verändert. Damals reichte diese Gebäudeanzahl aus, um sich Stadt nennen zu dürfen, heute reicht’s nur noch für den Titel Dorf – und zwar für ein besonders beschauliches, in dem man an so manchen Stellen wieder in alte Zeiten entführt wird.

Wer nicht so lange Zeit auf Samsø verbringen will, der sollte zumindest zu der Landspitze Asmindør Hage, westlich von Mårup, an der Steilküste entlang wandern. Der Volksmund erzählt, daß hier einst eine mächtige Wikingerburg gestanden hat. Ihre Bewohner waren darauf spezialisiert, vorbeifahrende Schiffe zu plündern. Heute grasen hier nur noch Kühe.

Der Hafen war erwartungsgemäß voll, aber ein Folkeboot findet immer seinen Platz und so lagen wir schon bald neben der schönen Winning III und wurden herzlich begrüßt. Nach einem gemeinsamen Schluck folgten noch lange Gespräche und gegenseitige Bootsbesichtigungen – Klassiker unter sich.

Ein kurzer Törn (25/VII)

Dienstag Morgen pfiff ein frischer Nordost durch den Hafen und da wir nicht noch einmal gegen die steile Welle an wollten, ließen wir uns viel Zeit. Nach dem Frühstück ging es erstmal nach Mårup, Essen und Benzin bunkern. Wieder im Hafen hatten wir noch keinen so richtigen Plan, bis eine Nachricht von Johannes (einem alten Schulkameraden) kam, der sich auf dem Rückweg von Norwegen gerne mit uns treffen wollte. Wir verabredeten uns auf Tunø und um nicht all zu schnell anzukommen, setzten wir nur die Fock.

Gesamtstrecke: 3.92 NM
Durchschnittsgeschwindigkeit: 4.01 knots
Gesamtzeit: 01:07:36
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Warum Tunø scherzhaft als die Insel gilt, “wo die Pastorsfrau mit dem Leuchtturmwärter ein Verhältnis hatte”, wird mit einem Blick auf die Inselkirche klar: Kirchturm und Leuchtturm sind beides in einem. Die Kombination ist eigentümlich aber zweckmäßig, zumal das Gotteshaus auf dem höchsten Punkt der Insel liegt. 31 Meter über dem Meeresspiegel weist das Feuer den Wasserweg zu der flachen Insel, die bei Seglern hoch im Kurs steht.

Der schöne, kinderfreundliche Strand am Hafen ist ebenso ein Grund für die Beliebtheit wie das beschauliche Dorf 300m landeinwärts. Außerdem lockt die autofreie Insel mit einer abwechslungsreichen Landschaft. Knicks zwischen den Feldern, der Inselwald “Mosen” am Nordufer und eine (wenn auch nicht sehr hohe) Steilküste an den westlichen Ufern machen den Reiz des kleinen Eilands aus, das die Segler im Hochsommer in so großer Zahl anzieht, dass der Hafen gelegentlich wegen Überfüllung geschlossen wird. Die Wahrscheinlichkeit, keinen Liegeplatz vorzufinden, ist um diese Zeit an den Wochenenden am größten.

Anfang Juli findet alljährlich ein beliebtes Jazz-Festival auf Tunø statt. An einem großen Zelt am Hafen ist dann schon von See her zu sehen, daß es um Liegeplätze schlecht steht – was die Jazzfreunde unter den Seglern wohl nicht davon abhalten wird, einzulaufen.

Das erste Gebäude auf dem Weg zum 100 Einwohner zählenden Dorf ist am Ortseingang der Dorfkrug mit bescheidenem Angebot und ebensolcher Ausstattung. Die schmale Straße gabelt sich und es folgt rechterhand, ein paar Häuser weiter, die besagte Kirche mit dem Turm, der seit 200 Jahren als Leuchtfeuer genutzt wird. Ein spätgotischer Küsterstuhl und ein Schrankaltar zählen zu den Sehenswürdigkeiten des Gotteshauses, dessen älteste Teile bereits im 14. Jahrhundert erbaut wurden. Einige Fachwerkhäuser säumen die beiden parallelen Dorfstraßen, die noch vor dem Ortsausgang wieder in eine Straße münden. Rund 100 Meter weiter zweigt linkerhand ein Weg zur knapp drei Kilometer entfernten Westspitze der Insel ab. Dort angekommen, führt bei “Løkke Gaarde” der nördliche Inselweg wieder zur Teerstraße und zum Dorf zurück, wo man sich entweder bei einem kleinen Kaufmannsladen mit Proviant oder bei den Bauern mit frischem Gemüse eindecken kann. Auch die langgezogenen Strände bieten sich neben den vielen verschlungenen Pfaden abseits der Hauptwege schon deswegen als empfehlenswerte Wanderstrecken an, weil man hier so manche Versteinerung finden kann.

Natürlich war Tunø überfüllt wie immer, aber ein Folkeboot findet immer seinen Platz – zur Not ganz außen im Päckchen. Wir waren kaum mit dem Aufklaren fertig, da liefen Johannes und ein Kumpel mit der familieneigenen Ohlsen in den Hafen und kamen schon bald auf einen Anleger herüber.
Wenn wir nicht noch ins das Dorf und in die Räucherei hätten gehen wollen, so wären wir vermutlich noch sehr viel länger sitzen geblieben, aber wir unterbrachen die schöne Runde für ein Sightseeing-Programm und das Abendessen.
Nachdem wir unsere frischen Samsø Kartofler mit Räucherfisch und Sild genossen hatten, gingen wir zu den Beiden und es wurde ein sehr langer und schöner Abend.
Die phantastische Stimmung des Hafens wurde noch dadurch gekrönt, das ein Trompeter zur Flaggenparade blies – auch wenn viele Beifall klatschten, so haben sich leider nur sehr wenige an das alte Ritual gehalten und ihre Flaggen eingeholt. Es ist sehr schade, dass die Seemannschaft auf so vielen Booten immer weiter ab nimmt, aber für viele ist Segeln mittlerweile nichts anderes als Autofahren auf dem Wasser, man sieht nur sich und nicht das drumherum.

Nordwärts (26/VII)

Nach einer kurzen Nacht mussten wir recht früh hoch, da unsere Nachbarn aufbrechen wollten. Wir verholten zum Frühstück in eine frei gewordene Box, nicht ohne blöde Kommentare vom Nachbarn. Er war nicht damit einverstanden, dass wir mit unserem kleinen Boot eine so große Box belegen.
Nachdem Frühstück setzten wir noch im Hafen die Segel und dann ging es hart am Wind gegen den schwachen Nordost immer höher ins Kattegat. Auf der Höhe von Hjelm mussten wir etwas mit dem Motor nachhelfen, aber am Ende erreichten wir zu einer ganz zivilen Zeit Grenaa, das uns bei bestem Sonnenschein begrüsste.

Gesamtstrecke: 34.04 NM
Durchschnittsgeschwindigkeit: 4.56 knots
Gesamtzeit: 07:47:56
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Grenaa ist ein typischer Industrie‑, Fähr‑ und Handelsort. Nicht weniger als neun Industrie‑Schlote stehen am Handelshafen und in der näheren Umgebung des Umschlagplatzes. Wer sich innerlich schon auf das naturschöne Anholt eingestellt hat, wird sich hier nicht länger aufhalten, obwohl in dem modernen, ansprechenden Yachthafen vom Betrieb des Fähr‑ und Handelshafens kaum etwas zu merken ist.

Grenaa wird von vielen Sportbootfahrern als Sprungbrett zur Insel Anholt oder für die Weiterfahrt Richtung Skagen genutzt. Wird man durch schweres Wetter in Grenaa festgehalten, bietet der Ort die Vorzüge einer Einkaufsstadt – auch wenn die Entfernung zum Zentrum drei Kilometer beträgt – sowie andere interessante Sehenswürdigkeiten. Gleich in Hafennähe befindet sich das “Kattegatcenteret”, ein sehr gutes und artenreiches Meerwasseraquarium, in dem man leicht einen halben Tag verbringen kann. Fische und Meerestiere aus vielen Teilen der Welt sind dort zu beobachten. Insbesondere aber auch heimische Meeresbewohner, wie Krabben, Hummer, Meerforelle oder Dorsch. Dabei ist das Aquarium nicht einfach eine Ausstellung schöner Fische. Durch verständlich aufbereitetes Anschaungsmaterial bietet es Wissenserweiterung über das Meer als Lebensraum und lässt auch die Folgen unvernünftigen menschlichen Handelns nicht aus.

Die St. Gertruds Kirche am Marktplatz stammt aus dem 15. Jahrhundert. Dreimal am Tag erklingt ihr Glockenspiel, das in der gesamten Innenstadt gehört werden kann. Nordwestlich davon stehen der alte Kaufmannshof “Abendstern” (nach der früheren Gastwirtschaft benannt) in der Lillegade 38 und der denkmalgeschützte Bürgermeisterhof in der Lillegade 50, 1768 von Amtsrichter und Stadtschreiber Peter Bay errichtet. In der Nederstræde am Ende der Lillegade sind eine Reihe von idyllischen Fachwerkhäusern zu sehen. Die Windmühle von Grenaa auf dem höchsten Punkt nördlich der Stadt wäre um ein Haar abgerissen worden, wenn die Bürger von Grenaa nicht heftig dagegen protestiert hätten.

Von Grenaa aus fahren Fähren nach Varberg, Halmstad, Helsingborg, Anholt und Hundested.

Im Hafen gibt es einige Lokale und wir gönnten uns ein leckeres Essen, wobei wir von der großen Terrasse direkt auf Lotte und die anderen Boote gucken konnten. Zurück an Bord lernten wir unseren Nachbarn kennen, einen über 80 jährigen Mann, der gerade aus den Westschwedischen Schären kam. Wir kamen ins Gespräch und als er feststellte, das wir keine Karten nördlicher als Varberg an Bord hatten, bot er uns an, seine zu leihen. Mit einer Träne im Auge erweiterte er sein Angebot dahin, das wir seine beiden Kartensätze (Stand 2015) für zusammen 20 Euro erwerben könnten – er würde wohl nie wieder in diese Gewässer kommen… Dankbar nahmen wir an und sind jetzt bestens gerüstet für alles was noch kommen mag.

Auf die Insel (27/VII)

Um 10 Uhr macht der Buchladen von Grenaa auf, um 9:55 Uhr stand ich davor nachdem ich mir extra ein Rad für die Fahrt in die Stadt geliehen hatte. Wie telefonisch vereinbart lag meine Ausgabe von Komma´s Havnelods bereits bereit und als ich dann mit dem Buch, einigen Vorräten und neuem Benzin wieder bei LOTTE an kam, hatte Robbi schon alles segelklar gemacht. Unter Vollzeug ging es aus dem Hafen und wir setzten Kurs Anholt. Ein kräftiger Süd-Südost lies uns auf der ganzen Strecke immer zwischen 6 und 7 Knoten laufen, und so hatten wir recht bald den riesigen Windpark passiert und sahen Anholt vor uns liegen.
Wie immer wenn wir einen Hafen anlaufen änderte sich noch einmal das Wetter und so verschwanden nach kurzer Zeit sowohl Anholt als auch Windpark aus unserer Sicht und der Himmel öffnete seine Schleusen. Im strömenden Regen ging es bis kurz vor die Hafeneinfahrt, bevor wir aber dort einfuhren, liessen wir erstmal die Fähre passieren. Der Hafenmeister kam mit einem Schlauchboot und wies uns einen Platz an, da wir aber schmal genug waren, konnten wir uns noch einen besseren zwischen zwei anderen Yachten ergattern.