Tag 17 – Die letzte Schäre? (27/VII)
Bei bestem Wetter und gutem Wind verlassen wir Lindholmen und segeln zwischen Hälsö und Björkö nach Süden. Leider verlässt uns auf der Höhe von Öckerö der Wind, aber der Hafen der Insel lädt nicht zum Verweilen ein. Statt fest zu machen drehen wir nur eine Runde zwischen den anderen Booten und fahren einfach weiter. Auf dem Danafjord, östlich von Fotö kommt wieder Wind auf, und so können wir die beiden großen Fahrwasser nach Göteborg gut überqueren.
Wir machen einen Zwischenstopp auf Styrsö, bunkern, kaufen etwas ein, und dann geht es weiter nach Süden. Auf der Höhe von Valö nimmt der Wind leider wieder ab, und so können wir unser erträumtes Ziel, Öckerö Kalv, nicht halten. Ein paar Meilen nördlich liegt aber die Inselgruppe Virkes Holmarna, wo die größte Insel, Virken, eine sehr geschütze Bucht bietet. Die Ansteuerung durch die nur 1,6 Meter tiefe Rinne ist alles andere als einfach, zumal der Kurs in Schlangenlinien durch die Untiefen führt. In der kleinen Bucht liegt bereits ein IF, das mit seiner Achterleine die Durchfahrt in das hintere Ende des Naturhafens verwehrt. So legen wir uns einfach daneben und finden einen schönen Liegeplatz.
Durchschnittsgeschwindigkeit: 4.07 knots
Gesamtzeit: 09:20:26
Die Schweden, die wohl öfter auf dieser Insel sind, haben verbotenerweise einen Grill angezündet, und so können wir auch unsere Würstchen schnell daneben legen (daher nennen wir auch keine Namen).
Nach dem Essen besteigen wir den höchsten Punkt der Insel, um die große Mondfinsternis zu beobachten – leider ist es so stark bewölkt, dass wir von dem Naturschauspiel nichts mitbekommen. Zurück an Bord erfreuen wir uns an den vielen Bildern, die andere von diesem Spektakel gemacht haben. Kurz bevor wir schlafen gehen, taucht der Mond dann doch noch auf, und so sehen wir immerhin noch eine partielle Finsternis.
Tag 18 – Waschtag und Gewitter (28/VII)
In der Nacht hat der Wind, ganz entgegen der Vorhersage, auf Ost gedreht und ziemlich zugenommen. Unsere kleine Bucht ist zwar vor Wellen aus Osten geschützt, da sie aber in Ost-West-Richtung liegt, werden wir ziemlich auf unseren Nachbarn gedrückt. In einem Hafen wäre das sicher kein Problem, aber da wir die vielen Steine unter Wasser nur erahnen können, wird unser Ableger ziemlich komlipziert. Auch wenn wir des öfteren auf diesem Törn unseren Außenboarder verflucht haben, jetzt leistet er gute Dienste: Da man den Motor – und damit die Schraube – beliebig drehen kann, haben wir quasi einen Heckstrahler und können den Langkieler auf dem Punkt drehen. Jetzt nur noch über die Steine, und wir sind wieder auf offenem Wasser.
Noch in der Ausfahrt setzen wir Segel und machen gleich gute Fahrt. Der kräftige Ost-Südost bringt uns bis vor den Kungsbackafjord und dann dreht er immer weiter südlich. Mit dem Winddreher kommt der erste kurze Schauer, dann hören wir hinter uns den Donner. Das erste Gewitter passiert uns noch nördlich, das zweite erwischt uns dann voll. Wir schaffen es noch, das Groß zu bergen, dann sind Böenwalze und Starkregen über uns.
Was folgt, ist eine Mischung aus kurzen, aber recht heftigen Gewittern, ganz kurzen Flauten und Sonnenschein, alles bei wechselnden Winden aus südlichen Richtungen. Als wir kurz überlegen nach Bua abzulaufen, sind wir aber schon südlich des Hafens, und so geht es einfach weiter. Das stärkste Gewitter erwischt uns dann in der Bucht vor Varberg – wir sind froh, dass wir zu diesem Zeitpunkt nur noch die Fock gesetzt und den Motor schon gestartet haben.
Als wir in den Hafen von Varberg laufen, endet der letzte Schauer, und ganz langsam kommt die Sonne hervor – bestes Wetter für einen Stadtbesuch.
Durchschnittsgeschwindigkeit: 3.90 knots
Gesamtzeit: 07:41:27
Bevor wir uns aber aufmachen, die nette kleine Stadt zu erkunden, und uns etwas zu essen zu suchen, belegen wir beide Waschmachinen und auch schon einen Trockner – Varberg bedeutet für uns immer: waschen!
Nach einem Gang durch die Stadt sind die Maschinen durch und wir beladen die Trockner, dann gehen wir essen und genießen die Annehmlichkeiten einer Stadt. Bei unserem Rückweg sind die Trockner leider noch nicht ganz fertig, und so müssen wir kurz nach Mitternacht nochmal hoch – dafür sind unsere Kissen dann auch warm und frisch gewaschen.
Tag 19 – Treffen mit Freunden (29/VII)
Nach Regen folgt Sonnenschein – ganz nach diesem Spruch weckt uns Varberg mit dem schönsten Sommerwetter. Wir hängen alles zum Lüften raus, nutzen die Duschen und die kostenlosen Fahrräder – es geht zum Einkaufen. Den schönen großen Supermarkt kennen wir bereits aus dem letzten Jahr, und so kaufen wir nicht nur viele Vorräte, sondern auch alles für ein leckeres Frühstück. In der schwedischen Sommersonne gibt es dann im Cockpit geräucherten Fisch, Eier mit Kaviar, frischen Kaffee und noch so manche andere Leckerei.
Unser Tagesziel ist Skallkroken, ein unscheinbarer Hafen zwischen Falkenberg und Halmstadt, an dem die meisten sicher vorbei segeln. Wir wollen uns dort aber mit Dorothea, Alexander, Malte, Carsten und Ole treffen, die eine Radtour entlang der Küste machen und dort einen Campingplatz gefunden haben. So setzen wir Kurs Südost und hoffen auf genügend Wind für ein rechtzeitiges Treffen. Während wir der Küste von Halland südwärts folgen, verschwinden langsam die letzten Schären im Norden hinter dem Horizont – hier ist die Küste felsig, aber es gibt keine Inseln mehr.
Kurz vor unserem Ziel schläft leider der Wind ein, und so laufen wir unter Motor in den niedlichen kleinen Hafen, in dem wir schon von allen Freunden erwartet werden.
Durchschnittsgeschwindigkeit: 4.43 knots
Gesamtzeit: 06:39:52
Nach einem Drink und einer Bootsführung ziehen wir alle auf die Veranda vom Clubhaus um, hier ist für 7 Leute genug Platz, und man hat einen phantastischen Blick über den Hafen auf das Kattegat. In dem Clubhaus ist alles vom Feinsten: beste Sanitäranlagen, Waschmaschine, eine perfekt ausgestattete Küche und schnelles WLAN – laut Aussage von Alexander alles viel besser als auf deren Campingplatz.
Zusammen essen wir auf der Veranda, und noch während wir den Sonnenuntergang genießen, stellen alle fest: Es wird kühl. Nach all den tropischen Nächten der vergangenen Wochen holen wir tatsächlich die Pullover raus, noch bevor die Sonne ganz im Meer verschwunden ist.
Tag 20 – Ohne Wind kommt man nicht weit (30/VII)
Was für ein schöner, aber auch langer Abend. Wir schlafen in Ruhe aus, genießen erst das Bad im Kattegat, danach die tollen Duschen und sitzen lange beim ausgiebigen Frühstück. Mittlerweile ist es schon wieder recht heiß und von Wind ist noch keine Spur, so schnappen wir uns zwei der kostenlosen Fahrräder und radeln Richtung Campingplatz. Es ist eine ganze Ecke, wenn man nicht querfeldein radelt, und so erreichen wir Dorothea, Alexander, Malte, Carsten und Ole gerade noch rechtzeitig. Die letzten Spanngurte werden noch verzurrt und dann geht es los – erstmal gemeinsam zum Supermarkt, wo wir noch eine Runde Eis ausgeben.
Während die 5 sich auf den Weg Richtung Halmstadt machen, kaufen wir noch schnell ein, und dann geht es auch für uns weiter; wir wollen nach Süden. Schön wäre es Kullen zu erreichen, aber der wenige Wind lässt schnell nach, und wir treiben nur noch. Nach einer Stunde mit weniger als 1kn starten wir den Motor und entscheiden uns einfach für den nächst gelegenen Hafen: Grötvik.
Gleich hinter der Spitze Tylösand, einige Meilen westlich von Halmstadt, liegt der kleine Hafen hinter einer hoch aufgeschichteten Mole – das Kattegat ist eben nicht immer so friedlich, wie an diesem Tag. Die Hafeneinfahrt ist auch gleichzeitig die örtliche Badestelle, und so manövrieren wir vorbei an hunderten von Badegästen und suchen uns einen kleinen Platz an der Südseite des Hafenbeckens.
Durchschnittsgeschwindigkeit: 3.51 knots
Gesamtzeit: 04:15:35
Das Wichtigste ist erstmal Schatten, und so verstecken wir uns in der Kajüte, halten Siesta und kommen erst wieder raus, als der Badelärm schon deutlich weniger geworden ist. Bei einer kleinen Tour durch das Gelände entdecken wir die Besonderheit dieses Ortes, das Hafenbecken für die kleinen Motorboote. Es ist ein gefluteter Steinbruch, der mit einem kurzen Stichkanal mit dem Hafen verbunden ist – sicher ein sehr geschützter Platz.
Da wir am folgenden Tag früh los wollen, wird unser Abend entsprechend kurz – Abendessen, aufräumen, Bett bauen, Hörspiel.
Tag 21 – Halands Väderö (31/VII)
Jeder hat Segelziele, die er oder sie mal erreichen will – eins meiner vielen Traumziele ist seit Jahren Hallands Väderö. Ohne den Motorschaden von Seewiefke wäre ich vielleicht schon vor zwei Jahren mit Nino dorthin gesegelt, und ohne die starke Westwindlage hätten wir letztes Jahr den Kurs auf diese Insel gesetzt. Nun aber lag sie genau auf unserer Route, und obwohl wir eigentlich weiter nach Süden wollten, setzten wir den Kurs auf diese “letzte Schäre”.
Anfänglich war der leichte Ostwind noch etwas flau, dann aber drehte er auf Südost und mit guter Fahrt ging es bei bestem Wetter Richtung Bjäre-Halbinsel, wo die 3 Quadratkilometer große Insel vor der Spitze und direkt gegenüber dem Ort Torekov liegt.
Aufgrund der Wetterprognose – der Wind soll auf Nordwest drehen – entscheiden wir uns für die kleine Ankerbucht bei Kappelhamn. Die Anfahrt ist zwar nicht ganz einfach, aber man wird nicht nur mit einem tollen Liegeplatz belohnt, man kann auch vor Heckanker an einen alten Anleger gehen. Bereits bei der Ansteuerung merken wir, warum die Insel, die seit 1958 Naturschutzgebiet ist, als besonderes Ziel für Natur- und Vogelfreunde gilt: Direkt neben uns liegen dutzende Seehunde und sonnen sich auf dem Fels, bis ein Motorboot mit Highspeed an ihnen vorbei brettert und sie alle verjagt – was für ein Idiot!
So können wir leider keine Bilder machen und laufen direkt Kappelhamn an, wo wir neben einer Grinde einen tollen Liegeplatz finden.
Durchschnittsgeschwindigkeit: 3.78 knots
Gesamtzeit: 04:24:40
Nach einer kurzen Pause und einem kalten Bier starten wir Richtung Hauptinsel. Da die kleine Brücke bereits vor Jahrzehnten eingestürzt ist, müssen wir durch das knietiefe und herrlich warme Wasser waten. Wir erreichen Hallands Väderö in der Nähe des kleinen Heimatmuseums, das in einem ehemaligen Lotsenhaus von 1844 eingerichtet wurde und während der Sommermonate täglich von 10 bis 17 Uhr zum kostenlosen Besuch öffnet. Bei dem phantastischen Wetter wollen wir aber nicht in ein Museum, sondern folgen den gut markierten Wanderwegen Richtung Fähranleger.
Gemessen an ihrer geringen Größe ist Hallands Väderö mit einem großen Vorkommen seltener und bedrohter Arten eines der artenreichsten Gebiete Schwedens. Die verschiedenen Biotope dieser Insel bieten eine Vielzahl an Tier- und Pflanzenarten und unterschiedlicher Landschaften, wie Sandstrände, Klippen, Erlensümpfe, karge Klappersteinfelder und Wiesen. Da die Wälder auf der Insel nie vollständig kahl geschlagen wurden, gibt es einen sehr alten Baumbestand, der die Grundlage für ein reiches Insektenleben bildet. Beispielsweise leben etwa ein Viertel der bedrohten Käferarten Schwedens auf Hallands Väderö.
Als wir Sandhamn erreichen, wartet bereits eine riesige Schlange von Besuchern am Fähranleger auf das vorletzte Schiff – über das Jahr gesehen besuchen etwa 50.000 Tagesgäste die Insel. Ein Großteil davon vor allem als Badegäste während der Sommermonate. Es gibt Strände für jeden Geschmack: feine weiße Sandstrände in der Nähe des Bootsanlegers bei Sandhamn, Strandwiesen, Klippen und den flachen Sandstrand bei Kappelhamn, der besonders für kleinere Kinder gut geeignet ist.
Wir essen ein Eis und folgen dann dem Rundweg um die Insel, bevor wir uns wieder durch das Wasser in Richtung LOTTE begeben. Jetzt ist das Wasser nicht mehr so warm, und ein frischer Südwind treibt kleine Wellen in die Bucht. Die Boote liegen zwar vor den Wellen geschützt, aber die Grinde drückt uns bei dem auffrischenden Seitenwind gefährlich Richtung Fels. Für die geübten Schweden ist das aber kein Problem, mit zwei 100m-Leinen wird die Grinde an die nächste Insel achteraus vertäut, und das Boot ganz in Luv schnappt sich einen Fels in Windrichtung.
So liegen wir wieder sicher und schaffen es gerade noch, unser Abendessen im Trockenen zu genießen, bevor einige Gewitter über uns hinweg ziehen. Auf der anderen Seite von Kappelhamn tanzen einige wirklich große Yachten in den Wellen, aber wir liegen sicher und gut geschützt.
Tag 22 – Mölle? Ven? København! (01/VIII)
Die ganze Nacht ziehen die Gewitter über uns, aber mit Ausnahme einer kleinen Leckage in unserem Skylight bleibt alles trocken. Für die Dauer unseres Frühstücks schaffen wir es, das Cockpit trocken zu halten, dann kommt aber schon der nächste Schauer. Den ganzen Vormittag über ziehen immer wieder kleinere Schauer und Gewitter über uns, aber nachdem die Grinde schon lange weg ist, gibt es auch für uns kein Halten mehr. Wir helfen noch einem dänischen Einhandsegler beim Anlegen, holen uns von ihm tolle Tipps für unseren weiteren Törn, und dann geht es aus der Bucht und mitten hinein in den Regen.
Bei dem Wetter sind keine Motorboot-Rowdies unterwegs, und so liegen die Seehunde ganz ungestört auf ihrem Fels – leider nicht so schön in der Sonne wie gestern. Wir machen ein paar Bilder und setzen dann den Kurs nach Süden. Heute brauchen wir weder Karte noch Kompass, die Halbinsel Kullen im nordwestlichen Schonen ist weithin sichtbar. Der von einer schroffen Felsformation gebildete Kullen ist cirka einen Kilometer breit und hat eine Länge von 16 km; von der Bucht Rekarekroken im Skälderviken bis zur ins Kattegat reichenden Landzunge. Im östlichen Teil ist er etwa 100 m hoch.
Die Felsen werden von Gneis, Diabas, Granatamphibolith, Kambrischem Sandstein und Pegmatit gebildet und dem Grundgestein zugerechnet. Sie brechen zum Teil senkrecht ins Meer ab. Durch den Wellenschlag sind Felsburgen, Kliffs und Grotten, wie die Silbergrotte im Südwesten und die Valdemarsgrotte im Norden, entstanden. Eigentlich wollten wir nach Arild und von dem netten kleinen Fischerdorf eine Wanderung auf den Kullaberg und zum Leuchtturm machen, aber durch unseren Stop auf Hallands Väderö ist keine Zeit mehr.
So setzen wir unseren Kurs direkt auf die Spitze der Halbinsel, um den südlich gelegenen Hafen Mölle anzulaufen. Kurz vor dem Kullen dreht der Wind aber auf Nordwest und nimmt leicht zu, so dass wir mit Backstagsbrise und über 7kn in den Öresund laufen. Das Segeln ist viel zu schön, um zu stoppen! Wir verwerfen den Plan mit Mölle und folgen der schwedischen Küste.
Je enger der Öresund wird, desto dichter wird der Schiffsverkehr. Wir halten uns knapp außerhalb des Fahrwassers und rauschen südwärts, vorbei an Helsingör und vielen kleinen schwedischen Häfen. Ein Tipp des Dänen heute Morgen war die Insel Ven, eine schwedische Insel mitten im Öresund und mit drei Häfen. Dorthin lenkten wir unseren Kurs, aber kurz vor Ven wurden wir uns unsicher: Der östliche Hafen soll hässlich sein, der nördliche liegt genau im Wind, der westliche ist teuer und das Segeln ist zu schön – was sollen wir machen?
Ein schnelles Studium der Karte ergibt, dass auf schwedischer Seite keine hübschen Ziele in annehmbarer Entfernung liegen; und so ist es bereits kurz vor 19Uhr, als wir die Grenze überqueren und plötzlich wieder in Dänemark sind – unser Ziel ist København. Eigentlich hatten wir ja noch ein wenig in Schweden bleiben wollen, aber das hätte uns nicht nur weiter nach Osten geführt, wir hätten auch nicht so ein schönes Ziel gefunden, und so steuern wir im Sonnenuntergang die Hauptstadt von Dänemark an.
Leider hatte die letzte Nacht ziemlich an unserer Batterie gezehrt, und so müssen wir den Hafen ohne Positionslichter anlaufen – was für ein Glück, dass wir mit dem letzten bisschen Tageslicht noch einen Platz im Hafen Langelinie finden.