Kerteminde? Zum kehrt machen! (17/VIII)
Endelave sollte der nördlichste Punkt unserer Reise werden, alle anderen Ziele (so wie Anholt) würden durch die schwierige Wetterlage nur Stress bedeuten… Da wir aber nicht wieder durch den kleinen Belt zurück wollen, wird Fyn-Rund zu unserem neuen Ziel.
Obwohl die Wettervorhersagen, die dänische sowie die norwegische, von Regen sprechen, bleibt es bei einem bewölktem Himmel – es ist recht warm und der leichte West-Südwest lässt auf eine gute Tour Richtung Fyns Hoved hoffen.
LOTTE ist schnell segelklar und so verlassen wir gegen 10Uhr die schöne Insel Endelave. Am liebsten wären wir noch einen Tag hier geblieben, aber der Wind soll am Sonntag auf Süd drehen und würde uns dann mit 7 bis 8 Windstärken entgegen wehen. Wenn wir also einen Hafentag einlegen müssen, dann doch eher auf Fyn und in einer größeren Stadt… unser Brot geht zur Neige.
Vorbei an der großen Robbenbank geht es noch unter Motor, dann aber setzen wir Segel und schaffen eine knappe Meile. Wir haben Endelave noch nicht einmal hinter uns gelassen, da verlässt uns der Wind und hinterlässt eine nahezu spiegelglatte See. Wir genießen die Stille, sehen in der Weite der See einige Schweinswale und sogar zwei Robben, bis unsere Geschwindigkeit nicht mehr messbar ist. Was machen? Zurück nach Endelave wäre schön, bringt uns aber nicht “weiter”, das idyllische Korshavn bei Fyns Hoved ist gerade bei Südwinden nicht sehr geschützt und zurück ans Festland wollen wir auch nicht…
Als dann einige dicke Pötte auftauchen, starten wir erstmal den Motor und setzen Kurs auf die Nordost-Spitze von Fyn. Auch wenn der Himmel bewölkt und die Sicht nicht die allerbeste ist, so sind wir doch sehr erstaunt hier draußen die Einzigen zu sein! Den ganzen Vormittag über begegnen uns gerade mal zwei andere Segelboote – wenn wir nicht über 20°C hätten, so würden wir es für Mitte Oktober halten. Ist es um diese Zeit wirklich immer so leer? Oder hatten alle Anderen einfach bessere Intuition und hatten ihren Urlaub mit dem Super-Wetter der vergangenen Wochen zusammen gelegt?
So allein auf der See, hat man Zeit zum Nachdenken und Beobachten; und während neben uns die Tümmler springen und vor uns so einige schwere Unwetter von Fyn nach Samsø ziehen, sinnieren wir über die Schönheit der Folkeboote und die phantastischen Möglichkeiten mit ihnen. Trotz dem Mangel an Platz und Komfort ist es doch ein tolles Segeln und man erobert so manch einen Flecken, an den große Yachten niemals kommen.
Kurz vor Fyns Hoved kommt endlich Wind auf. Erst kräuselt sich die See ganz schwach, dann werden aus den Kräuseln kleine Wellen und es wird höchste Zeit den Motor zu stoppen. Die Fock geht wieder hoch und aus dem Dröhnen des Motors wird das von uns so geliebte Platschen der Wellen an die Klinker von LOTTE. Vorbei an der Spitze von Fyn geht es hart am Wind den Storebælt nach Süden, immer der Küste folgend. Bei Romsø müssen wir einen Kreuzschlag machen und dann geht es in die Kerteminde Bugt und in den Hafen der gleichnamigen Stadt.
In Kerteminde war viele Jahrzehnte die Folkebåd Centralen beheimatet und obgleich diese jetzt (unter neuer und sehr schlechter Führung) in Hamburg ansässig ist, wollten wir doch einmal diesen Ort besuchen. Im Hafen folgte die erste große Ernüchterung: Obgleich der Hafen modern und als “A-Havn” im Hafenhandbuch beschrieben ist, passt hier alles hinten und vorne nicht… Die Toiletten sind alt und verwahrlost, der Hafenmeister unfreundlich und das Hafengeld mit 130DKr (ohne Strom, der kostet 15DKr. extra und ohne Duschen) eine Frechheit. Am Anfang funktionierte nicht einmal das viel beworbene Internet und so machten wir uns etwas zu Essen und gingen früh ins Bett.
Durchschnittsgeschwindigkeit: 4.83 knots
Gesamtzeit: 07:12:18
Kerteminde oder Nyborg – Pest oder Cholera (18/VIII)
Am Morgen werden wir von dem Gehäul der Masten und dem Prasseln des Regens geweckt – Wahrnehmen und Weiterschlafen! Gegen 11Uhr läßt wenigstens der Regen nach und so kann Robbi ersteinmal Brötchen holen und die nähere Umgebung erkunden. Es gibt zwei Tankstellen und einen Super Brugsen in der Nähe des Hafens, wenigstens etwas. Nach dem Frühstück kommt dann die Frage nach dem “wohin” auf… in Kerteminde wollen wir nicht bleiben! Was also wären die Alternativen? Der starke Süd-Südwest wäre prima für einen Ritt nach Norden, aber da kommen wir ja gerade her. Weiter nach Osten wollen wir auch nicht und so bleiben nicht viele Häfen übrig: Nyborg und Lundeborg auf Fyn oder Lohals auf Langeland. Lohals ist nicht schön und Lundeborg würde ein hartes Kreuzen gegen 6 bis 8 Bft. bedeuten… das muss nicht sein. Also nehmen wir Nyborg etwas näher unter die Lupe – die Beschreibung der Stadt, mit dem alten Schloss und dem Hafen, klingt ganz gut, aber Nyborg soll noch teuerer als Kerteminde sein und dafür dann bei Starkwind und Regen raus? Nee… (Vielleicht tun wir Nyborg an dieser Stelle unrecht, aber wer 140DKr. für ein 7,64m langes Boot haben will, der braucht anscheinend keine neuen Besucher.)
So bleiben wir also im Hafen, erfreuen uns an den Anlegemanövern der von einer Regatta kommenden Folkeboote (und sind bei dem Anblick der klitschnassen Segler garnicht mehr so unglücklich über unsere Entscheidung). Beim Brugsen finden wir dann wieder leckeres Fleisch zum Grillen und einige Karten – Zeit zum Schreiben ist ja genug da – und während dieser Blogeintrag entsteht kommt auch die Sonne hervor. Aus dem Süd-Südwest ist ein West geworden und wenn dieser dann morgen abgenommen hat, geht es weiter nach Süden… zum Beispiel nach Lundeborg, wo wir eine super gute Fischräucherei kennen!