Folkeboot Lotte

ein halbes Jahrhundert auf der Ostsee

Obwohl die Saison nach unseren Sommertörns noch immer mindestens zwei Monate andauert, kommt uns die Nachsaison immer wesentlich kürzer als die Vorsaison vor – ein guter Grund sie ausgiebig zu nutzen. Der September brachte uns ein paar schöne Wochenenden und da die Grenze noch offen war, führte unser Kurs ein paar Mal nach Høruphav.

Zusammen mit Freunden genossen wir die schönen Seiten des Herbstes wie die schönen Lichtstimmungen und das anhaltend warme Wasser.

Ab September gibt es morgens oft dicken Nebel, und dabei muss ich immer an meinen ersten Törn als Skipper auf LOTTE denken: Mit einem Schulfreund, wir waren beide gerade 16, wollte ich das Boot, das damals noch meinem Onkel gehörte, von Høruphav nach Flensburg ins Winterlager bringen – das war 1995. Meine Mutter brachte uns nach Dänemark und bereits nördlich des Kanals setzte der Nebel ein; in Hørup war er dann so dicht, dass wir kaum die Hälfte vom Steg entlang gucken konnten. Ohne Plotter oder GPS hangelten wir uns von Tonne zu Tonne, bis sich der Nebel auf der Höhe von Holnis endlich lichtete – so einen Törn vergisst man nicht!

Als mein Chef meinte, dass ich ein paar Überstunden abbauen sollte, fragte ich Lars, ob wir nicht ein paar Tage segeln wollen – er fand die Idee super und so setzten wir schon wenige Tage später gemeinsam Segel auf Songlines. Das Ziel unseres Törns war Lübeck, ein Tagesziel hatten wir nicht. Bei bestem Wetter ging es aus der Schlei und dann mit 6 bis 7 Knoten Richtung Fehmarn.

Mit vielen schönen Gesprächen verging die Zeit wie im Flug und irgendwie hatten wir keine Lust auf einen Hafen – also ging es immer weiter. Aus dem Ziel Fehmarn wurde Großenbrode, aus Großenbrode wurde Neustadt.

Kurz hinter Fehmarn ging die Sonne unter, aber ein weiterer Pullover und ein heißer Tee ließen uns die Kälte vergessen. Lars war überglücklich mal wieder mit einem anderen Segler unterwegs zu sein, er konnte einfach mal unter Deck verschwinden, Tee kochen, oder sich in Ruhe seinem Logbuch widmen, während ich die unbekannte Situation genoss. Sicher machen wir auf LOTTE auch Nachttörns, aber auf einem Folkeboot würde keiner bei Wind und Wetter nachts Tee kochen. Außerdem muss bei uns jederzeit einer das Ruder halten, da ist man nach über 12h auf See nicht mehr so entspannt.

Glücklich und müde, aber keineswegs erschöpft, erreichten wir kurz nach Mitternacht Neustadt, wo wir einen schönen Hafentag mit Olaf verbrachten, bevor es nach Lübeck weiterging. Dort stieg Martin auf Songlines und Robbi nahm mich mit nach Wackerballig – LOTTE rief!

Ende September, Anfang Oktober kippte das Wetter und bei Starkwind und Hochwasser machten wir eher Urlaub auf dem Boot. Lars&Martin ging es ähnlich und so nahmen wir ein paar Mal Lars am Mittag mit an die See, damit er alles gemütlich machen konnte, wenn Martin abends nachkam.

Mitte Oktober ging es auf unseren letzten Törn 2020 und gern hätten wir Ike&Karin wieder in die Schlei begleitet, aber für Sonntag war Starkwind aus West angesagt und so führte unser Weg nach Sønderborg. Kurz bevor die Grenzen wieder geschlossen wurden waren wir noch einmal in Dänemark und genossen die Lockerheit der Dänen auf der sonnigen Uferpromenade zum Schloss.

Plötzlich war dann die Saison um. Am 30. Oktober machten wir uns mit einem Leihwagen auf den Weg das Boot zu holen, den Trailer hatten wir schon zwei Wochen vorher in Gelting-Mole abgestellt.

Routiniert wurde LOTTE gekrant, dann ging es noch ein letztes Mal in ein Lokal, bevor zwei Tage später der nächste Lockdown begann. Es wurde ein schöner Abend mit Werner und Jenny – dadurch, dass Jenny das Wackerpulco die ganze Saison nicht geöffnet hatte, haben wir die beiden einfach zu selten gesehen. Nach einer letzten Nacht an Bord ging es dann nach Süden – der Wintersaison entgegen. Ein Stück unseres Weges wurden wir von einem Folkeboot verfolgt – diese Boote finden eben nicht nur auf dem Wasser zueinander.

Die Saison 2020 war anders, das sagt sicher jeder, aber gerade in ihrer Andersartigkeit war sie auch schön. Das gemeinsame Warten auf die Grenzöffnung im Frühjahr, die glücklichen Gesichter überall auf unserem Sommertörn und nicht zuletzt die Intensität der wenigen Kontakte mit anderen Personen – wir haben das Gefühl, dass wir 2020 unsere Freundschaften eher vertieft haben!

Jetzt hoffen wir natürlich auf eine schöne Saison 2021, aber die aktuellen Fallzahlen, der gefühlt ewige währende Lockdown und die geschlossene Grenze nach Dänemark lassen alles offen…

Kategorien: Törns, Winterarbeit

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